Wer gehört heute zu den Ahnenforschern?

Wenn ich an den Beginn meiner eigenen Forschungen vor etwa 23 Jahren zurückdenke, als ich damals bei meinen ersten Archivbesuchen die Vertreter dieser seltsamen „Spezies“ der Ahnenforscher, die sich selbst Genealogen nannten, antraf, die hier still für sich stundenlang über vergilbtem Papier grübelten, meist pensionierte und längst ergraute Studienräte oder ähnlich durchgeistigte Personen, da dachte ich ehrfurchtsvoll, dieses Hobby sei eine eher für den Lebensabend gedachte sinnvolle Beschäftigung sehr gebildeter Leute. Aber da hatte ich mich gewaltig geirrt! Bald hatte mich auch selbst das „virus genealogicum“ total und unheilbar erfasst. Mit meinen rudimentären Lateinkenntnissen und einem Schönschreibkurs in Deutscher Schrift aus meiner Gymnasialzeit gerüstet, konnte ich mich doch einigermaßen zurechtfinden. Andere haben nicht diese Vorkenntnisse und kommen nach einer allerdings schwierigen Einarbeitungszeit ebenfalls relativ gut mit den alltäglichen Problemen der Forschungsarbeiten zurecht. So wie sich heute jeder auf ein lebenslanges Lernen im Beruf einstellen muss, so ist er auch für diesen Lernprozess im Hobbybereich aufgeschlossen.

Ausdrücklich will ich hier betonen, dass die Fülle an ansehnlichen und niveauvollen Veröffentlichungen (insbesondere Ortsfamilienbücher, Häuser- und Ortschroniken) der letzten 10 bis 15 Jahre ohne das Heer der ehrenamtlichen Familienforscher nicht verwirklicht worden wäre. Kaum ein Dorf, welches stolz auf seine jahrhundertelange Geschichte und Tradition anlässlich von Jubiläumsfeiern zurückblickt, möchte auf die Herausgabe einer Chronik verzichten. Diese Aufgabe fällt heute oft den „Amateuren“ zu. Es gibt wohl nur noch wenige Gemeinden, die teures Geld für einen Historiker ausgeben, der ihnen eine Chronik schreibt. Diese Aufgabe fällt heute den Amateuren zu. Und diese Arbeiten bieten recht oft ausgesprochen reiche Information. Es ist erstaunlich, welches Fachwissen sich manche Hobbyforscher in autodidaktischer Weise zugelegt haben. Das Wichtigste was diese Autoren in die Waagschale werfen können, ist Herzblut, Heimatverbundenheit, immenser Fleiß und Ausdauer.

Nach einem Vortrag zu dieser Thematik bin ich von Fachleuten wegen dieses Lobgesangs auf die Laien darauf verwiesen worden, dass diese ihr Fachwissen doch aus den Werken der Fachleute beziehen, die die übergeordneten Zusammenhänge herausarbeiten und in den Archiven die Quellen erschließen. Daher will ich diesen Punkt eigens unterstreichen: Unsere Forschungserfolge sind dort beeindruckend, wo die Fachleute in den Archiven den genealogisch relevanten Beständen angemessene Aufmerksamkeit zuwenden und sie so aufbereiten, dass „Amateure“ qualitätvolle Ergebnisse erzielen können. Diese Ergebnisse helfen dann auch wieder den Archiven und sie können die allgemeine Geschichtsforschung befruchten. Von dieser „Zusammenarbeit“ profitieren also alle Seiten, und als fachliche Vereinigung von Laien dürfen wir hier unseren Anspruch an die Fachleute durchaus deutlich formulieren: In einem demokratischen Staat ist es Aufgabe der Archive, die Bedürfnisse der zahlreichsten Benutzergruppe bei den archivischen Erschließungsarbeiten angemessen zu berücksichtigen!

Damit sind wir schon bei den aktuellen Problemen.