Familienforschung und DNA
Die DNA-Zukunft hat schon begonnen - Wie funktionieren DNA-Analysen - Wie können sie dem Familienforscher nützen - Was muss er tun - Was kosten sie?
Der Biologe und Familienforscher Dr. Holger Zierdt, tätig bei der Kriminalpolizei in Hamburg, hat die Familien Zierdt aus der Umgebung der Dörfer Großensee/Kleinensee zwischen Gerstungen und Bebra erforscht. Dabei konnte er die Ergebnisse eines Onkels nutzen, d.h. insgesamt auf 40 Jahren Forschung aufbauen, als er begann, mit Hilfe von DNA-Analysen einerseits die Forschungsergebnisse abzusichern und andererseits, die nicht eindeutig zuzuordnenden Zweige auf die Verwandtschaft zu überprüfen.
Dafür gewann er Namensträger im Rhein-/Ruhrgebiet, in U.S.A. und in Russland. Insgesamt nahmen 60 Personen an der Untersuchung teil. Finanzierbar war sie, weil sie als Projekt der Universität Göttingen laufen konnte. Die Abkömmlinge der meisten Zweige konnte er auf einen gemeinsamen Ahnen zurückführen. Bei einzelnen Zweigen zeigte sich, dass die "Marker" eines Teilnehmers mit denen der anderen Zweige übereinstimmten, bei einem Bruder oder Cousin aber nicht, d. h. hier gab es unter den weiblichen Vorfahren einen Seitensprung oder ein "Sohn" war adoptiert. In welcher Generation diese Anomalie auftrat, ist oft genau einzugrenzen.
Bei den zunächst als nicht verwandt festgestellten Zweigen stimmten aber teilweise einige Marker mit den verwandten überein, so dass möglicherweise in einer sehr frühen Phase die Linien doch zusammenführen könnten. Zierdt plädierte dafür, möglichst jeweils mehrere Teilnehmer eines Zweiges für die Untersuchung zu gewinnen, weil sonst unter Umständen die "Ausreißer" das Gesamtbild bestimmen und damit zu falschen Annahmen führen könnten. Er hat festgestellt, dass sich vor allem Namensträger dafür gewinnen lassen, zu denen man schon im Vorfeld gute Kontakte aufbauen konnte. Die Adressen der 20 Namensträger, die er nicht überzeugen konnte, hatte er meist aus Telefonbüchern o.ä.
Roman Scholz sprach für die Schweizer Firma IGENEA, die mit dem amerikanischen Unternehmen FamilyTreeDNA zusammenarbeitet, d.h. die in Europa eingesammelten Proben in deren Labor schickt. Solche Labore sind äußerst rar, weil die notwendigen Geräte Investitionen von einer Viertelmillion Euro aufwärts erfordern. Scholz führt vor, wie die Wattestäbchen aus den mit der Post angekommenen Röhrchen entnommen, eine halbe Minute lang an der Innenwand der Backen entlang gestrichen und dann so ausgeklinkt werden, dass sie in ein weiteres Röhrchen mit konservierender Seifenlauge fallen. Die Röhrchen werden in die Schweiz geschickt, aus der einige Wochen später dann auch die Ergebnisse kommen.
Die Qualität der Ergebnisse hängt stark von der Anzahl der geprüften Marker ab, d. h. je mehr Marker in die Untersuchung einbezogen werden, desto genauer werden die Ergebnisse. Die Preise sind entsprechend gestaffelt. Es beginnt mit 12 Markern. Sollten sich daraus noch keine Erkenntnisse ableiten lassen, kann etwa auf 37 Marker aufgestockt werden. Viele Familienforscher möchten auf diese Weise feststellen, ob verschiedene Zweige einer Familie zusammengehören. Andere wollen einfach wissen, aus welcher Region ihre Vorfahren stammen.
Alle Untersuchungsergebnisse werden in eine Datenbank eingespeist. Wer eine Untersuchung in Auftrag gibt, wird darüber unterrichtet, welche Personen die gleichen Marker aufweisen, also mehr oder weniger eng verwandt sein könnten (falls diese Personen die Genehmigung zur Weitergabe erteilt haben). FamilyTreeDNA arbeitet seit zehn Jahren daran, doch ist die Zahl der deutschen Teilnehmer noch relativ gering. Aus der Datenbank ersichtliche Verwandtschaften werden sich vor allem für Mitglieder kleinerer Familien meist erst ergeben, wenn die Teilnehmerzahlen in ganz andere Größenordnungen gewachsen sind.
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