Das neue Personenstandsgesetz und seine Auswirkungen auf die Familienforscher
Herr Karl Krömer, Amtsleiter des Augsburger Standesamtes, sprach über die Hauptziele bei der Neufassung des Personenstandsgesetzes.
- Erstens ging es um eine "Verarmung" der Einträge. Das bedeutet, es werden keine akad. Titel, keine Berufe und bis auf wenige Ausnahmen auch kein Wohnort mehr dokumentiert. Die Einträge werden einzig und allein auf die, für den Personenstand, wichtigen Daten reduziert.
- Zum Zweiten wurden die Familienbücher abgeschafft. Bisher wurde bei jeder Hochzeit ein Familienbuch angelegt und darin alle Geburten und Sterbefälle dokumentiert. Das Familienbuch lagerte jeweils am Wohnort der Familie.
- Das dritte Hauptziel war der Medienwechsel - von Papier zum elektronischen Dokument. Diese Umsetzung muss bis zum 31.12.2013 erfolgt sein.
- Des Weiteren wurden Fortführungsfristen eingeführt, Geburten 110 Jahre, Heiraten 80 Jahre, Sterbedaten 30 Jahre. Nach diesen Fristen werden die Unterlagen archiviert (Kommunalarchive in Bayern).
Anschließend ging er auf die wichtigsten Gesetze ein, las sie vor und erläuterte die Auswirkungen für Familienforscher. Die Benutzer müssen mindestens 16 Jahre alt sein, ein rechtliches Interesse (Familienforschung ist kein rechtliches Interesse, Ausnahme Erbschaftsklärungen) haben, ein originäres (durch betroffene Person selbst) oder ein abgeleitetes Benutzungsrecht (Ehepartner, Vorfahre oder Nachfahre der Person) nachweisen. Bei Geburts- und Sterbedaten reicht ein berechtigtes Interesse, wenn 30 Jahre seit dem Tod der zuletzt beteiligten Person vergangen sind! Auch Geschwister können einen Antrag (berechtigtes Interesse bei Geburts- und Sterbedaten) stellen. Für einige Einträge gibt es einen stark eingeschränkten Benutzerkreis: Adoptionen, Transsexuelle und Sperrvermerke (vom Betroffenen beantragt, möglich bei "Gefährdung der Person").
Ferner ging er auf die Benutzungsmöglichkeiten für wissenschaftlichen Arbeiten ein. Bisher gilt Familienforschung, z.B. Erstellung eines OFB's, anders als in Bistumsarchiven, nicht als wissenschaftliche Arbeit. Dies zu ändern ist Aufgabe des genealogischen Verbandes.
Frau Kerstin Lengger, stellvertretende Leiterin des Augsburger Stadtarchivs, zeigte in einer Powerpoint-Präsentation "die Archivseite" auf. Die Übernahme der Standesamtsunterlagen (1672 Bände, 80 Regalmeter) in Augsburg ist bereits erfolgt. Die Personenstandsunterlagen sind für das Archivpersonal neu, man muss sich noch einarbeiten. Aus Platzgründen sind die Unterlagen in einer Außenstelle des Archivs und können damit nicht selbst eingesehen werden, es besteht aber die Möglichkeit Kopien der Einträge zu bestellen (Mindestkosten 25 Euro, nach oben offen, je nachdem wie viele Einträge und Kopien!).
Zuerst ging Frau Lengger auf die Entwicklung des Personenstandsrechtes ein. Sie erläuterte die wichtigsten Änderung (u.a. Umbenennung der Unterlagen, zuerst Geburtsregister, dann -buch, jetzt wieder -register) bei den jeweiligen Neufassungen. Zweitschriften werden im Staatsarchiv gelagert (Tipp, da sind die Einsichten kostenlos). Die Schutzfristen (10 Jahre nach dem Tod, 80 Jahre nach der Geburt) unterscheiden sich von denen der Standesämter. Schwierigkeiten bereiten bei den Schutzfristen die Nachträge. Dafür gibt es ebenso wenig eine gesetzliche Regelung, wie für die Aufbewahrung, Gebührenordnung usw. Sie stellte die verschiedenen Standesamtsunterlagen, vom Geburteneintrag bis zum Familienbuch, vor, erklärte die Anmerkungen und die Unterschiede früher und heute. Zuletzt erläuterte sie die Gebührenordnung, die überarbeitet werden sollte.
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