Quellenkunde: Leibeigenschaftsakten
Herr Wegele stellte in einer Power-Point-Präsentation die sehr ergiebige Quelle „Leibeigenschaftsbücher“ vor. Die Verbreitung der Leibeigenschaftsbücher ist unterschiedlich, in Nordschwaben sind sie zahlreich vorhanden und beginnen häufig bereits im 16. Jahrhundert.
„Leibeigene standen in besonderer Abhängigkeit zu ihrem Grundherrn. So waren z.B. jährlich bestimmte Abgaben zu leisten: der sogenannte „Leibschilling“ oder ein „Herbsthuhn“. Bei einer Heirat musste der „Brautlauf“ entrichtet werden, oder beim Tode das beste Stück Vieh und beste Kleidungsstück von den Erben abgegeben werden. Diese Naturalabgaben wurden aber mit der Zeit durch Geld ersetzt, dann wurde der „Kleiderfall gelöst“.
Die bereits angesprochenen Leibeigenschaftsbücher wurden als eine Art Übersichtsliste über alle Leibeigenen im jeweiligen Oberamt angelegt. Wichtig waren für den Amtsschreiber die Angaben von der Mutter und den Kindern, weil die Leibeigenschaft von der Mutter auf die Kinder, und nicht vom Vater, vererbt wurde! War also eine Mutter leibeigen, waren es automatisch auch ihre Kinder! Der Vater spielte eine Nebenrolle. So war es unbedingt wichtig zu wissen, wo die Kinder verblieben und wann sie heirateten, also wurde hier ständig nachgefragt und von Amts wegen recherchiert. So haben wir heute eine einzigartige Quellenlage, die weit über die Kirchenbuchzeit hinausgeht. Das früheste Leibeigenschaftsbuch des Fürstlich Oettingen-Wallersteinischen Archivs in Harburg beginnt 1530. In diesem ersten Buch wird um 1530 eine Art Bestandsaufnahme gemacht, d.h. dass viele verwandtschaftlichen Beziehungen aufgezeigt werden, mit denen man ohne weiteres oft bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts vorstößt.
Ein Eintrag umfasst häufig drei, manchmal sogar vier Generationen – Kind, Mutter, Ahnfrau, Urahnfrau, eine umfangreiche Quelle vor der Zeit der Kirchenbücher. Zunächst erklärte Herr Wegele die häufigsten Begriffe wie Hauptrecht, Leibschilling, Leibfall, Brautlauf, Umgenossame, Fronarbeiten usw. sowie die „Steuern“ wie die Salzscheibe oder das Fasnachtshuhn. Im Jahr 1631 gab es in der Grafschaft Oettingen 2700 oettingische Leibeigene, davon 500 Männer, 600 Frauen und 1600 Kinder.
Eine Spesenrechnung des Hühnervogts gab Einblick in die Reisetätigkeit des Hühnervogts. Mit Originaleinträgen führte er vor, wie man damit die Familien erfassen kann. Beispiel: FÖWAH LEB 1605, III.13.13.b-2: Amerdingen: Caspar Kesselers Weib Eva ist Lienhardt Holen Tochter von Auffhausen, hat Ir Muetter Margretha geheissen, ist eigen und Ire Kündt: Hans, Anna; Margretha, Eva, Baltlein, Maria. In Kombination mit anderen Quellen kann die Familie wie folgt rekonstruiert werden (siehe OFB Aufhausen):
HOLL Lienhard/Leonhard, „der Elter“ (1605), Sö. in Aufhausen (1556 genannt), Beständer des Widenhofes v. St. Ulrich u. Afra (bis 1605), + 02.02.1605 Aufhausen - oo ca. 1555 NN Margreth, “Hofhannsen Tochter”, + 15.01.1589 Aufhausen (“Margaretha Höllin, coniunx Leonarti Hollen”); Kinder: Eva * ca. 1558 A.; oo ca. 1583 Amerdingen, Kessler Caspar
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