Ausflug nach Amberg zur Bayerischen Landesausstellung "Der Winterkönig"
An einem strahlenden Herbsttag starteten wir pünktlich um 8 Uhr in München. Auf der Autobahn begrüßten uns bald Reklameschilder mit dem Wittelsbacher Friedrich V. und seiner Frau Elizabeth, der Tochter des Königs Jakob I. von England, wie extra für uns aufgestellt. Während der Fahrt wurden wir von einem Historiker auf den "Winterkönig" und die Geschichte der Oberpfalz kompetent eingestimmt. Amberg ist nicht nur der Geburtsort von Friedrich V., "Kurfürst an Rhein und der Oberen Pfalz", sondern war auch neben Heidelberg seine zweite Residenzstadt.
Die Ausstellung war mit sehr instruktiven und wertvollen Exponaten hervorragend ausgestattet, die nicht nur aus bayerischen Archiven stammten, sondern auch aus aller Welt (Amerika, England, Niederlande, Tschechien, Österreich usw.) zusammengetragen wurden. Sie zeigte uns das Schicksal eines deutschen Kurfürsten, der im Alter von nur 24 Jahren an den Machtinteressen der Habsburger und seiner bayerischen Verwandten scheiterte. Seine Wahl zum böhmischen König hätte mit einem Staat aus den beiden Pfalzen und den böhmischen Ländern Böhmen, Mähren, Schlesien, Ober- und Niederlausitz bei dauerhaftem Bestehen einen faszinierenden Aspekt für die europäische Geschichte geboten. Um so mehr muss es verwundern, dass dieser Fürst von der Geschichtsschreibung eher vernachlässigt wurde. Ihn ins rechte Licht zu rücken, war ein Ziel der Ausstellung.
Bemerkenswert ist dabei weiter, dass dieser Wendepunkt der deutschen Geschichte häufig allein unter dem Gesichtspunkt des Widerstreits der Religionen (katholisch, protestantisch, kalvinistisch) betrachtet wird, wie man es auch im Geschichtsunterricht gelernt hat. Die reichen Eisenerzvorkommen der Oberen Pfalz mit ihrer zur damaligen Zeit schon sehr leistungsfähigen Industrie erhöhten noch die Begehrlichkeit nach dieser Provinz. Die Verbindung von Zinn aus Böhmen und Eisen aus der Oberpfalz zur Erzeugung von Weißblech hätte ihren Wert noch weiter gesteigert. Die Ausstellung zeichnete ein gelungenes Bild des damaligen höfischen Lebens ebenso wie die politisch religiöse Entwicklung zum Dreißigjährigen Krieg anhand vieler Originale, Bilder und Graphiken und bereicherte somit unser Geschichtsbewusstsein. Diese Vielfalt der Exponate stellte auch das Umfeld des "Winterkönigs" eindrucksvoll dar. Die schon in der damaligen Zeit sehr wirksame Propaganda hat bewirkt, dass sich dieser ursprüngliche Spottname seiner Feinde bis heute in der Geschichtsschreibung als Terminus technicus gehalten hat! Dabei kamen neben dem höfischen Leben auch die gewöhnlichen Bürger nicht zu kurz, was uns besonders die Unzahl der Fundstücke des so genannten Tillyfundes von Heidelberg aus dem Alltagsleben der Belagerer wie Belagerten im späteren Verlauf des Dreißigjährigen Krieges drastisch vor Augen führte.
Die Ausstellung wurde abgerundet von einem umfangreichen Katalog mit einer CD und einer ebenso professionellen Präsentation im Internet (https://www.hdbg.de/winterkoenig/).
Der anschließende Rundgang durch Amberg mit seinem frühneuzeitlichen Charme zeigte uns mit vielen Kirchen und Klöstern im Stadtgebiet nochmals steinerne Dokumente der Rekatholisierung, gerade so, als seien sie speziell für die Ausstellung errichtet worden.
Ein gelungener Ausflug!
(Gerhard Rolle)
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