"Überraschung, Überraschung" – Was einem Familienforscher-Anfänger an Überraschungen widerfuhr
Herr Seidenader berichtete über Lustiges, Sonderbares, fast und wirklich Unglaubliches - eine Sammlung wahrer Begebenheiten aus den ersten 80 Jahren seiner Forschungsarbeit:
Schon als Kind wollte der Referent wissen, "was früher war". Bei seiner späteren Familienforschung erlebte er dann immer wieder Überraschungen. So hatten ihn in der Kindheit in München die verwinkelten Gassen am Auer Mühlbach fasziniert ohne zu wissen, dass er eigentlich aus diesem Gassenlabyrinth stammte, denn sein Ur-Ur-Großvater Andreas Seidenader, Maurer und Bauernsohn aus dem Bayerischen Wald, tauchte als gesuchter Deserteur 1810 in der Vorstadt Au auf. Der Ur-Großvater war Melberhelfer und erwarb durch Kauf eines Hauses in der Au die Heiratslizenz. Der 1864 in der Au geborene Großvater war dort Schmied. Der Vater, Werkzeugmacher und Erfinder, stellte in der Au Spezialmaschinen für die pharmazeutische Industrie her (z.B. die erste automatische Verschlussmaschine für Penicillin-Fläschchen). Auch andere Mitglieder der Familie Seidenader waren erfolgreich: Urgroßonkel und Gastwirt Georg Seidenader betrieb in München u.a. das Hotel und Restaurant Achatz, sein Sohn Gustav war Inhaber einer Kunsthandlung in der Maximilianstraße und Besitzer einer herrschaftlicher Villa am Tegernsee, in der prominente Gäste wie Thomas Mann und Ludwig Thoma verkehrten. Ein Sohn des Schneidermeisters Johann Seidenader wurde 1905 Wirt des Prominentenlokals "Giesinger Weinbauer".
Die Suche nach den Vorfahren seiner Mutter führte den Referenten nach Tremezzo am Comer See, der Heimat seines Ur-Ur-Großvaters Melchior Grandi (* 1792). Die Familie besaß dort eine Seidenmanufaktur und trieb einen grenzüberschreitenden Handel mit Zitrusfrüchten. Bereits 1820 war ein Grandi in München nachweisbar. Der Ur-Großvater mütterlicherseits wurde als Wilhelm Dominik Grandi/Gutsch 1816 in Karlsruhe geboren, weil die Vorfahren seiner Mutter wegen ihres protestantischen Glaubens im 18. Jahrhundert aus Salzburg ausgewiesen worden waren und sich schließlich in Karlsruhe niedergelassen hatten. Er wurde später Geschäftsführer im Verlag Braun & Schneider in München. Sein Sohn arbeitete als Lithograph, mit dem Wilhelm Busch gerne zusammenarbeitete.
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