Das Jahrhundert der Patrizier und Fernhändler - Oberhäupter süddeutscher Familien als international agierende Wirtschaftskapitäne der Frühen Neuzeit

Veranstaltungstermin: 
Donnerstag, 18. November 2010 - 18:00
Referent: 
Hanno Trurnit
Veranstalter: 
BLF-Bezirksgruppe Oberbayern

Der badische Staats-Archivar Dr. Carl Heinrich Roth von Schreckenstein, selbst aus einer alten Ulmer Patrizierfamilie, spricht 1856 in seinem Buch über das deutsche Patriziat auch vom "Stadtadel", angesiedelt und kritisch beäugt vom "Landadel" einerseits und den Zunftgenossen andererseits, nennt es aber auch "Geschlechterthum".

Vorbild der deutschen Patrizier war zunächst das antike römische Patriziat, dem die Mitglieder der alteingesessenen römischen Familien angehörten - vor allem, wenn sie sich als Abkömmlinge der Gründer der Stadt Rom betrachten durften. Die Patrizier waren die gesellschaftliche wie die politische Oberklasse, die ihr Einkommen nur aus Grundbesitz und Kriegsbeute erzielte.

Später kamen Handels- und Bankgeschäfte dazu, dagegen durfte ein Patrizier nicht von der Hände Arbeit leben. Und so hielten es auch die "Geschlechter" der deutschen Städte. Sie waren in vielen Orten zunächst vor allem "Müßiggänger" (was damals kein abschätziger Begriff war), lebten also von Grundbesitz, Renten und Gülten (Grundpfand). Früher oder später kam der Groß- und Fernhandel dazu, und die Patrizier regierten nebeneinander die Stadt und die eigenen Geschäfte. Der Betrieb von Bergwerken und große Geldgeschäfte waren das Revier der bedeutendsten Patrizier. Da die Reichsstädte nur und direkt dem Kaiser untertan waren, bildete sich das typische Patriziat hier aus. So finden wir die eigentlichen Patrizier als Stadtregierer wohl in Augsburg, Nürnberg, Regensburg, nicht aber in München. Der Begriff "Stadtadel" gilt im Sinn von "edle Geschlechter" und heißt nicht, dass ein Patrizier adelig sein musste. Das gab es später zwar auch, etwa in Frankfurt am Main, aber das war die Ausnahme. In Augsburg spielte der tatsächliche Adel in der Stadtregierung keine Rolle. In Nürnberg wurde schließlich das gesamte Patriziat geadelt, nachdem es dem Kaiser entsprechende Dienste geleistet hatte.

Trurnit schilderte die Gesellschaften, zu denen sich die Patrizier in den einzelnen Städten zusammengeschlossen hatten, die jahrelangen Studienreisen der Patriziersöhne, die zahlreichen Fernhandelsbeziehungen der Familien in die Alte und Neue Welt, die Heiratspolitik und das Leben bedeutender Patrizier anhand zahlreicher Beispiele und Bilder.

Art der Veranstaltung: 
Vortrag, Referat
Region/zuständiger BLF-Bereich: 
BLF-Bezirksgruppe Oberbayern
Teilnehmerkreis: 
für BLF-Mitglieder; Gäste sind herzlich willkommen
Anmeldung: 
Anmeldung nicht erforderlich