Hybrid-Vortrag: Augsburg: Ein papierenes Epitaph - das Sterbebild im Wandel der Zeit
Herr Ollig sammelt seit Jahren Sterbebilder und befasste sich auch mit deren Geschichte. Er vergleicht sie zunächst mit Epitaphen. Der Ursprung der heutigen Gedenkbilder sind die Totenroteln, die von Kloster zu Kloster geschickt wurden, um die Mitbrüder über den Tod eines Mönches oder einer Nonne zu informieren. Die Totenrotel v. Abt Vitelis aus dem Jahre 1122 ist beachtliche 9,5 m lang. Die Totenroteln unterlagen im Laufe der Zeit einem starken Wandel, ein Beispiel aus dem Jahre 1716 besteht nur aus einem Blatt für einen Pater. Auch heute noch ist es in den Klöstern Sitte, mit solchen Totenroteln die anderen Klöster zu informieren.
Danach sprach Herr Ollig über die Partezettel, die in Österreich und Tirol üblich sind. Sie sind DIN A4 groß, enthalten ein Bild und viele Angaben über den Verstorbenen. In Italien gibt es Epigraphe. Der älteste Totenzettel/-rotel stammt aus dem Jahre 1663 und zeigt eine Nonne namens J. Katharina Balchems, sie war 40 Jahre Chorsängerin.
Der Referent zeigte weitere alte Sterbebilder und erläuterte an ihnen die Entwicklung. Das erste Sterbebild stammt von 1773 aus Amsterdam. Bei den Sterbebildern wurden im Gegensatz zu den Roteln beide Seiten bedruckt. Um 1880 kamen Sterbebilder mit farbigen sowie goldenen und silbernen vorgefertigten Bildseiten auf, die kleine örtliche Druckereien dann verwendeten, um die Texte zu den Verstorbenen auf der Leerseite zu drucken. Um die Jahrhundertwende begannen langsam Fotos (teils gedruckt, teils gesondert aufgeklebt) Einzug auf die Sterbebilder zu halten. Die Gestaltung ist regional sehr unterschiedlich, beispielsweise wurden im Rheinland umfangreichere Texte gedruckt. Eine Besonderheit sind die Ablaßgebete, um die Zeit des Verstorbenen im Fegefeuer zu verkürzen. Ein blauer Rand um die Bilder weist auf einen Jüngling, ein Kind oder eine Jungfrau hin, meist war dann auch der Sarg weiß. Die Sterbebilder aus den Weltkriegen sind fast immer mit Fotos der Gefallenen versehen, die oft in der Ferne ruhten. Mit dem Sterbebild war der Gefallene immer bildlich vorhanden. Ende des 2. Weltkrieges bis in die 1950er Jahre war die Papierqualität schlecht.
Zuletzt ging Herr Ollig auf die heutigen Gedenkbilder ein, die glaubensübergreifend üblich sind und keinen religiösen Hintergrund mehr haben. Häufig werden sie sehr persönlich gestaltet, mit typischen Fotos, einer Bilder-Collage und Informationen über den Verstorbenen.
Herr Wegele dankte dem Referenten für den eloquenten und fundierten Vortrag mit vielen neuen Informationen.
(Sabine Scheller)
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