Kindersterblichkeit
Frau Scheller stellte in einem Power-Point-Vortrag Gründe für die hohe Kindersterblichkeit früherer Zeiten dar. Sie ging zuerst auf angeborene, danach auf erworbene Ursachen ein. In den älteren Kirchenbüchern wurden keine Todesursachen angegeben. Erst ab ca. 1800 werden die Ursachen genannt. Die Kindersterblichkeit durch Probleme bei der Geburt, von Beckenendlage, Querlage, Geburtsstillstand, Nabelschnur um den Hals bis zur Frühgeburt, fallen unter den Punkt angeborene Ursachen. Ein Teil starb kurz nach der Geburt an Schwäche. Neben Herzfehlern, Missbildungen oder Chromosomenstörungen die heute gut behandelt werden können, gibt es Missbildungen wie Anencephalus, die auch heute noch häufig tödlich verlaufen. Ein Eintrag aus dem Kirchenbuch Unterringingen von 1575 ist mit dem Wort Monstrum überschrieben und beschreibt ein missgebildetes neugeborenes Kind. Angeborene Stoffwechselerkrankungen wie Zöliakie, Mukoviszidose oder der „Bluterkrankheit“ führten mangels Behandlungsmöglichkeiten zum Tode.
Eine Besonderheit stellt die Rhesusunverträglichkeit dar, da die ersten zwei oder drei Kinder einer Familie überleben, danach alle sterben. Die Referentin erläuterte die Vererbung von Blutgruppen und des Rhesusfaktors und deren Folgen. Mit einem Beispiel aus Ihrer eigenen Familie stellte sie diese typische Familienkonstellation vor. Die häufigsten Todesursachen waren erworbene Erkrankungen, vor allem Infektionskrankheiten wie Durchfall, Erbrechen, Lungenentzündung oder die klassischen Kinderkrankheiten wie Keuchhusten, Masern oder Scharlach. Eine große Anzahl an Kindern starb an Gichter, Fraisen, Gefraisch (Krampfanfälle unterschiedlicher Ursache, häufig ausgelöst durch Mineralien/Vitaminmangel aufgrund von Mangelernährung, Verletzungen oder Fieber), Durchfall oder Erbrechen, in deren Folge es zur Austrocknung kam. Es gab noch keine Impfungen, so starben viele Menschen nach Verletzungen an Tetanus. Immer wieder forderten Seuchen wie Typhus, Diphtherie oder Ruhr ihre Opfer.
Eine Auswahl an Todesursachen erklärte sie anhand von Kirchenbuchaufzeichnungen: Abzehrung (häufig durch Tuberkulose, Infektionskrankheiten, Diabetes mell.), Arbeit (Krampfanfälle, Unruhezustände), Blauhusten (Keuchhusten), böses Maul (Mundfäule = Stomatitis), Brechruhr, Brustkrankheit (häufig Tuberkulose), Faulfieber (Typhus), Flecken (Exanthem, z.B. Masern), Fraisen, Friesel (Scharlach), Geschwür, Gichter, Halsbräune (Diphtherie), Herzgefraisch, Herzgichter, Husten, Lungenentzündung, Lungenlähmung, Scharlachfieber, Schleimschlag (Lungenödem), Steckfluß (Lungenödem).
Eine Todesursache ist auch heute noch genauso unklar wie früher – der plötzliche Kindstod. Zuletzt stellte sie eine Statistik „Todesursachen bei Kindern 2013“ vor. Trotz moderner Medizin und vielen Behandlungsmethoden von Operationen am Fötus bis zur Früherkennung von Organmissbildungen ist das Thema Tod bei Kindern immer noch alltäglich. Es gibt Neugeborene und Säuglinge mit Krebs, die kaum eine Chance auf ein Leben haben.
Es folgte eine rege Diskussion mit vielen Erfahrungsberichten aus der Familienforschung. Fragen wurden kompetent beantwortet.
Herr Wegele dankte der Referentin für den interessanten und lebendigen Vortrag, durch ihren Beruf (Kinderkrankenschwester) in Kombination mit ihrer Forschung konnte sie viele Beispiele aus der Praxis bringen.
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