Vorstellung unserer Familienforschung mit europaweiten Quellen
Herr Kersten ging in seinem Vortrag auf seine besonderen Erfahrungen mit ausländischen Vorfahren ein. Die väterliche Linie führt ihn in die Niederlande. Der älteste nachweisbare Wohnort war Groesbeek in der Provinz Gelderland.
Zunächst ging er auf die Quellenlage am Niederrhein und den Bestand des Personenstandsarchiv Duisburg ein. 1792 wurde die Registerführung an das französische System angepasst. Die Besonderheit sind die Dezennaltabellen, darin wurden für jeweils 10 Jahre Namensverzeichnisse für Geburten, Hochzeiten und Todesfälle registriert (alphabetische Auflistung, Name und Daten). Diese Registerform ist eine große Hilfe bei der Forschung. Probleme gibt es durch die Einführung des Reformationskalenders 1791 (14. Juni erster Tag des neuen Kalenders, Uhren: 10 Stunden zu 100 Minuten sind ein Tag, neue Maßeinheit 1 Meter = 100 cm). Für die Umrechnung gibt es Programme und Onlineseiten. Eine Herausforderung war auch das Anwesen Altena, nach dem er längere Zeit suchte und schließlich auf einer alten Karte fand. Die Ahnen waren Händler, sie zogen ab Ostern los und verkauften Besen, die sie den Winter über hergestellt hatten.
Ein weiteres Hindernis war die Konfession, Holland war reformiert. Katholiken mussten nach Deutschland zur katholischen Kirche in Kronenburg. Allerdings musste immer z.B. bei der Hochzeit zuerst reformiert geheiratet werden und erst danach konnte die katholische Trauung statt finden. Der älteste Vorfahre Henrik Kersten war schwierig weiter zu erforschen, da es mehrere Henrik Kersten in den Zivilregistern gab. Schließlich fand er einen Eintrag über den Tod des Vaters Henrik und den Sohn Gerrit (Herrn Kerstens Vorfahre), der die Vormundschaft für seine Geschwister übernahm. Damit war die Zuordnung geklärt. Anschließend erklärte er „die patronyme Namensgebung“ (Beispiel: Paul Müller, Peters Sohn – erscheint in den Unterlagen als Paul Peter oder Paul Peter Müller), es gab also keine festen Nachnamen, was Forschungen enorm erschwert. Hilfe bietet der Verein Mosaik (Aufgabe: Grenzgebiet NL/D). Hilfreich ist auch die Seite: https://www.wiewaswie.nl/, Onlineseiten mit Dokumenten, die Webseite von Eva Verhohlen (https://www.verhohlen-genealogie.de/), die mit einem Holländer verheiratet ist und zahlreiche Verkartungen erstellt hat sowie GenVer, eine Seite mit den Provinzen, Auflistung der Orte und Quellen. Bei Hochzeiten wurde zu jeder Heirat ein Akt angelegt mit Geburtsurkunden, Sterbeurkunden (wenn z.B. ein Elternteil bereits verstorben war) usw., eine hervorragende Quelle.
Eine andere Vorfahrenlinie führte ihn in die Schweiz. Während des Spanischen Erbfolgekrieges (1702-1713) waren verschiedene Schweizer Regimenter in holländischen Dienst. Während dieser Zeit wurden die Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle von den Regimentsgeistlichen in mitgeführten Büchern registriert, die heute in der Zentralstelle in Bern lagern. Eine Besonderheit sind die Bürgerbücher in der Schweiz.
Danach ging er auf die besonderen Schicksale seiner beiden Großväter ein. Sein Großvater väterlicherseits starb mit 44 Jahren, woran, wurde in der Familie totgeschwiegen. Bei seinen Forschungen fand er heraus, dass er aufgrund einer Erkrankung, die er sich im Krieg zuzog (vermutlich Syphilis) nervenkrank wurde und Ausfälle hatte. Dies führte dazu, dass er im Rahmen des Programms T4 (Tiergartenstelle Berlin im Dritten Reich, dabei wurde entschieden, welches Leben lebenswert ist), umgebracht wurde. Der Großvater mütterlicherseits starb mit 73 Jahren. Er hatte keine Augen, Grund war ein Unfall in der Schweiz, genaueres war nicht bekannt. Der Großvater erhielt halbjährlich eine Rente von der Jungfraubahn. Bei seiner Recherche stieß er auf ein Buch über den Bau der Jungfraubahn und einem Unfall, bei dem ein Arbeiter seine Augen verlor. Der Großvater von Herrn Kersten ging als junger Mann in die Schweiz, um beim Bau der Jungfraubahn Geld zu verdienen. Im Rahmen der Fernsehserie „Die Eroberung der Alpen“ (Folge 3, „Die Gipfelstürmer“, 2009) wurde ein Film mit Herrn Kersten über den Bau der Jungfraubahn und den Unfalls seines Großvaters gedreht, dieser wurde vorgeführt. Der Bau der Bahn war sehr schwierig, ein großer Teil der Strecke verläuft im Berg (einmal durch den Eiger mit einer Bahnstation in der Eigernordwand). Immer wieder wurde gesprengt. Das Problem dabei war, dass das Dynamit bei minus 4 Grad spröde wurde und bei Schlägen explodierte. Reste des Dynamits waren in den Gesteinsbrocken, die die Arbeiter mit Spitzhaken zerkleinerten, dabei kam es zu dem Unfall. Erst ab 1910 gab es ein besseres Dynamit, das bei tiefen Temperaturen nicht mehr explodierte und mit dem das Arbeiten ungefährlicher war.
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