Die jüdischen Gemeinden im Fürstentum Pfalz-Neuburg während der frühen Neuzeit
Sabine Scheller und Elisabeth Weilnböck berichteten vom Genealogentag in Erlangen.
Frau Monika Müller berichtete über die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit, die sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit gewinnen konnte. Das vorliegende Dissertationsprojekt (betreut durch Prof. Dr. Rolf Kießling, Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte der Universität Augsburg) versucht am Beispiel der jüdischen Gemeinden im Fürstentum Pfalz-Neuburg, Grenzen der Toleranz im christlich-jüdischen Mit- und Nebeneinander nachzuzeichnen, Unterschiede im Handeln von zentralen Institutionen und kommunaler Wirklichkeit auszumachen und eine jüdische Landschaft zu beschreiben, in der sich - im Gegensatz zu umliegenden Territorien - Siedlungskontinuität kaum entwickeln konnte.
Zwischen den Zeiten, zwischen den Räumen - so ließe sich jüdisches Leben im frühneuzeitlichen Alten Reich darstellen. Juden trieben Handel weit über die damaligen Territoriengrenzen hinaus, ihre religiösen Bezugspunkte fanden sie keineswegs immer in dem Herrschaftsbereich, in dem sie lebten, die Geschichtswissenschaft ging sogar so weit, jüdische Geschichte fernab der tradierten Epochenmarken anzusiedeln, setzte etwa ein "jüdisches Mittelalter" bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts an. Dieser grundlegenden Zwischenstellung, die dem frühneuzeitlichen Judentum eingeprägt ist, gilt es auch bei der Untersuchung jüdischen Lebens in einem vormodernen Territorium Rechnung zu tragen.
Die Referentin begann mit der Lob- und Dankpredigt von 1741. Anlässlich der Ausweisung der Juden aus dem Fürstentum wurde in Monheim ein eigenes Fest gefeiert. Frau Müller ging zunächst allgemein auf das Leben der Juden - "der Schutzverwandten" - ein, die Entwicklung vom Untertan des Kaisers im Mittelalter bis zu den Besonderheiten als Untertan eines Landesherrn. Als nächstes verdeutlichte sie die Entwicklung des Fürstentums, entstanden 1505. Im Jahre 1552/53 erfolgte die erste Ausweisung von Juden durch Pfalzgraf Ottheinrich. Ab 1614, unter Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, wurden wieder Juden im Land aufgenommen. Aber schon 1671 mussten sie das Land erneut verlassen, einige blieben allerdings bis 1684. Die dritte Epoche ging von 1695/96 (Pfalzgraf Johann Wilhelm musste seine Finanzen aufbessern) bis zur Ausweisung 1741 (siehe oben).
Anhand zweier Konfliktfälle erläuterte sie die Lebensumstände und die Problematik des Zusammenlebens mit Christen. In Lauingen gab es seit 1364 das Privileg, dass die Stadt selbst die Judenaufnahme regeln dufte. Das war natürlich für die Stadt problematisch, als es 1639 zu der Ausweisungsanordnung des Landesherrn kam und die Stadt sich weigerte, die Juden auszuweisen. Die Referentin ging auf die verschiedenen Argumentationslinien des Landesherrn und der Kommune ein. Der zweite Konfliktfall aus dem 18. Jahrhundert stammt aus Monheim, einer Stadt mit vielen Juden, über die sich die christlichen Bewohner der Stadt beschwerten, z. B. dass die Juden 1/5 der Häuser der Stadt in Besitz hatten. Es kam immer wieder zu Schreiben an den Landesherrn mit dem Wunsch alle Juden auszuweisen. Aber schon einige Jahre nach der letzten Ausweisung wurde festgestellt, es war wirtschaftlich ein Fehler.
Das Besondere in der Pfalz-Neuburg war, dass die Juden mehr die Städte bewohnten, als, wie in anderen Fürstentümern üblich, die Dörfer. Frau Müller ging auch auf die schwierige Quellenlage ein. Sie erläuterte den Ablauf der Ausweisung und erklärte, dass es weiterhin Handelsbeziehungen gab (Eintreiben der Schulden). Auch auf die Ausbreitung der Juden ging sie ein. Ursprung der Wanderung war die Zerstörung des Tempels in Palästina 70 n. Chr. Vermutlich zogen die Juden als Händler mit den Römern nach Norden. Ob es damals zu Missionierungen kam, ist ungewiss.
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