Scharfrichter und Abdecker, zwei "unehrliche" Berufe
Unehrliche Berufe waren im Mittelalter berufliche Tätigkeiten ohne gesellschaftliches Ansehen („ohne Ehre“). Ihren Angehörigen und Nachkommen war der Zugang zu bürgerlichen Ämtern und die Aufnahme in Zünften verwehrt. Eine Heirat außerhalb ihres Standes war kaum möglich. Das Amt des Scharfrichters (früher war auch der Begriff carnifex gebräuchlich) entwickelte sich im 13. Jahrhundert, als im Strafverfahren immer mehr der Inquisitionsprozeß angewandt wurde. Die ersten Scharfrichter wurden in Augsburg (1276), München und Passau erwähnt. Ihre Aufgabe war die „peinliche“ (durch Pein erfolgte) Befragung des Angeklagten, da dieser nur durch ein Geständnis verurteilt werden konnte, und die fehlerfreie Vollstreckung der Todesstrafe.
Die Bezahlung des Scharfrichters erfolgte zunächst nach Stücklohn, erst um 1750 wurde ein Jahresgehalt eingeführt. Da er gute Kenntnisse in der Anatomie sowie der Behandlung von Wunden und Frakturen hatte, trat er oft nebenberuflich in Konkurrenz zu den Badern und Chirurgen. Häufig waren Scharfrichter zur Verbesserung ihres Lebensunterhaltes auch als Abdecker (andere Bezeichnung „Wasenmeister“) tätig. Dieser war zuständig für die Verwertung der Tierkadaver, aus denen z.B. Seifen, Leime, Fette und Tierfutter hergestellt wurden, und für die Beseitigung der nicht mehr verwertbaren tierischen Reste, die verbrannt oder vergraben wurden. Durch den Umgang mit den Kadavern bestand die Gefahr einer Milzbrandinfektion. Meist hatten die Abdecker auch gute Kenntnisse in der Tierheilkunde und konnten sich damit ein Zubrot verdienen.
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