21. Nordschwäbisch-Mittelfränkisches Forschertreffen 2016 in Wallerstein
Am 15. Oktober 2016 trafen sich im Gasthaus „Goldener Löwe“ in Wallerstein in Schwaben 29 Familienforscher zum 21. Nordschwäbisch-Mittelfränkischen Familienforschertreffen. Manfred Wegele übernahm wie immer die Begrüßung der Teilnehmer und die Moderation der Veranstaltung. Er dankte Herrn Gerhard Beck, dem Initiator der Treffen, für sein jahrelanges Engagement.
Nach der traditionellen Vorstellungsrunde (jeder Teilnehmer stellte sich, sein Forschungsgebiet und laufende Projekte vor), erläuterte Frau Scheller das Programm Hic Leones, mit dem man nach Orten suchen kann, wenn man nur einen Teil des Namens lesen kann. Herr Jörg ist aus der Schweiz angereist, er stammt aus den Niederlanden, hat aber auch eine Vorfahrenslinie in Nördlingen. Einen Teil seiner Unterlagen hat er in den Niederlanden in Archive abgegeben, dort werden sie digitalisiert und stehen nun online zur Verfügung. Herr Bauer informierte die Teilnehmer über das Projekt „Datenabgleich“ der GFF. Er bearbeitet mit dem Fürther Geschichtsverein die ab 1704 bestehende Sammlung von Lebensläufen. Ein wichtiges Thema ist die Sicherung des eigenen Nachlasses, vor allem die Unmenge an digitalen Bildern werden immer mehr zu einer Herausforderung.
Nach dem Mittagessen begann Herr Steger im Gasthaus mit der Geschichte des Marktes Wallerstein, dem Wohnort des Fürsten Oettingen-Wallerstein. Eine Besonderheit des Ortes sind die Häuser, die nicht mit der Giebelseite zur Straße erbaut sind und Krüppel-Walmdächer haben. Die Grafen von Oettingen-Wallerstein (ab 1147) waren „Jünger“ der Staufer, das prägte auch Wallerstein. Der Graf wollte ein kleines „Versailles“ bauen, daher bekamen die Häuser statt der üblichen Satteldächer, Krüppel-Walmdächer. Als nächstes ging er auf die Entstehungsgeschichte des Rieses ein (siehe https://www.geopark-ries.de/entstehung-rieskrater/). Beim Asteroideneinschlag vor 11,8 Mio. Jahren, mit einem Gewicht von 1 Milliarde Tonnen entstand eine enorme Hitze, die zum Verdampfen des Gesteins und bei 1500 Grad zu einer Glutfontäne führte. Ein erkalteter „Glutspritzer“ von damals ging in die Runde. Dabei entstand der Wallersteiner Felsen, ein hochgekanteter Stein, dessen Kern aus Granit besteht und „überzuckert“ ist von Sinterkalk. Auf diesem Burgfelsen stand eine staufische Burg, die im 30-jährigen Krieg am 15.03.1648 zerstört wurde. Aus den Trümmern der Burg erbauten die Bürger ihre zerstörten Häuser und zusätzlich wurden im Laufe der Zeit (bis 1830) ca. 2/3 des Berges abgetragen und als Baumaterial, z.B. für den Straßenbau verwendet. 1626 baute der Graf Johann Albrecht die Maria-Hilf-Kapelle, da der Kindersegen in der Ehe ausblieb. Nachdem seine Frau kinderlos starb, glaubte er, sie wäre verhext worden, und das führte zu 164 Hexenverbrennungen, die jüngste Hingerichtete war 10 Jahre alt! Nach der Zerstörung des Ortes durch den 30-jährigen Krieg wurde das Schloss erbaut und immer wieder erweitert, teilweise auch aufgestockt. 1805 zogen die Armeen durch das Land (100.000 Franzosen), haben es „leergefressen“ und hinterließen einen Schaden von 1 Million Gulden. Zu dieser Zeit ging daher das Geld für den Weiterbau aus. Eine weitere Besonderheit des Marktes ist die Pestsäule in der Mitte der Hauptstraße. Sie wurde erbaut von einem Steinmetz aus Oberndorf bei Rain mit Material aus Neresheim. Der Steinmetz Georg Pschorer wurde vom Grafen in die Böhmischen Erblande geschickt, dort sah er in Prag die Pestsäule und baute sie in Wallerstein nach. Die Dreifaltigkeitssäule besteht aus 6 Seiten und drei Ebenen.
Nach der Theorie begann der Aufstieg auf den Wallersteiner Felsen mit einem herrlichen Rundblick. Vorbei an der Maria-Hilf-Kapelle führte der Weg zur Pestsäule und der katholischen Kirche St. Alban. Unterwegs erklärte Herr Steger sowohl besondere Gebäude, als auch den Baustil und die Pestsäule mit dem Chronogramm. Graf Ernst hatte eine große Hofkapelle, sogar Mozart bewarb sich in Wallerstein. Leider war der Graf damals in Trauer und so zog Mozart weiter nach Salzburg. Antonio Rosetti war längere Zeit Kapellmeister in Wallerstein. Zuletzt führte Herr Steger die Teilnehmer durch die Geschichte der Kirche St. Alban, ein seltener 2-schiffiger Bau. Erbaut 1613-1615 wurde sie 1892 „unglücklich“ restauriert. Die Ausstattung der Empirezeit wurde total zerstört, die zentrale Statue des Alban im Hochaltar wurde zersägt und in halbsitzender Position mit Blick zur Fürstenloge aufgestellt (vorher Blick zur Gemeinde). Erst bei der letzten Renovierung von 1995-2000 konnten diese neoromantischen „Entgleisungen“ etwas abgemildert werden. Von den sechs Seitenaltären der Kirche wurden bei der Renovierung 1890/91 vier entfernt und sind seither verschwunden. Ein Kleinod von hohem künstlerischem Rang war das Fastentuch aus dem Jahr 1517, gemalt vom Nördlinger Stadtmaler Hans Schäufelin. Um 1800 verlor sich der Brauch der Verhüllung des Hauptaltars in der Fastenzeit, das Tuch kam auf den Dachboden. 1812 holte Fürst Ludwig es vom Dachboden und reihte es in das neu gegründete Museum im Schloss ein. 1828 wurde es zusammen mit anderen Kunstschätzen an die heutige Staatsgemäldesammlung in München übergeben. Zuletzt wurden die beiden Epitaphe hinter dem Altar besichtigt.
Bei Kaffee und Kuchen klang der Tag gemütlich im Gasthaus aus. Nebenbei konnte man in Dubletten stöbern, Neuigkeiten, Erfahrungen und Informationen austauschen.
Übersicht der Nordschwäbisch-Mittelfränkischen Forschertreffen
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