Als das Licht kam – Die Elektrifizierung auf dem Land am Beispiel der Stadt Aichach
Herr Felber arbeitet im Kraftwerksbau bei MAN. Für die Geschichte des Elektrizitätswerkes Aichachs hat er über 6.500 Seiten fotografiert und durchgearbeitet. Zuerst sprach er über die innovativen Erfindungen wie 1866 die Entdeckung des Dynamoelektrischen Prinzips durch Werner von Siemens. König Ludwig fuhr als 1. Mensch mit Schlitten und Beleuchtung (Bogenleuchte) und er war auch weltweit der erste Elektrowerksbesitzer. Eine Flachdynamomaschine versorgte die Venusgrotte mit elektrischem Licht. Der Hauptbahnhof München wurde 1879 mit elektrischem Licht beleuchtet und ab 1882 gab es eine elektrische Beleuchtung der Straßen Nürnbergs. 1886 folgte die Straßenbahn in München und 1893 ging das erste Wasserkraftwerk in Betrieb. Ab 1894 wurden die Elektrizitätswerke geründet, 1898 folgte die Zusammenlegung der Betriebe in Aichach (Kunstmühle) und Oberbernbach. Ein Vertrag über die Stromlieferung der Kunstmühle mit der Stadt Aichach p latzte, es wurde beschlossen, dass man erst einmal abwartet, ob sich diese Beleuchtungsart bewährt.
Die Mühlen rüsteten auf Turbinen um. Es gab drei Arten von Kraftwerken: ein Dampfkraftwerk in Pfaffenhofen, Wasserkraftwerke, z. B. in Hohenwart und Motorenwerke mit Gas- bzw. Benzinantrieb. 90 Prozent der Kraftwerke in Schwaben verfügten 1902 einen Wasserkraftantrieb. Heute ist Leistung um 500 Prozent gestiegen. Die Flammenbogenlampe wurde 1902 vorgestellt, der Stadtmagistrat Aichach beschloss die elektrische Beleuchtung und die Erstellung einer Hochdruckleitung. Die Finanzierung des Projektes wurde über einen Kredit von 150.000 Mark mit einer Laufzeit von 41 Jahren gesichert. Anhand eines Stadtplanes stellte der Referent die Elektrifizierung vor. Anfangs wurde Gleichstrom produziert, erst die Amperwerke lieferten 1911 Wechselstrom. Ein Vergleich zeigte die damalige Lichtstärke: 16 Normalkerzen = 50 W = 200 Lumen.
Der Bau begann im November 1902, bereits im Dezember 1902 waren 77 Privathaushalte an die Stromleitung angeschlossen. Die Strafanstalt Aichach wurde 1906 gebaut, damit stieg natürlich der Strombedarf und ein weiterer Dieselmotor wurde bestellt und das Gebäude erweitert. Kurz danach kam es zu einer Kooperation mit den Amperwerken und der Motor wurde wieder abbestellt. Das Stromwerk Aichach wurde von zwei Maschinisten und einem Betriebsleiter betrieben. Die Stellenanzeigen waren überregional ausgeschrieben, der erste Maschinist erhielt 1.600 Mark und eine freie Wohnung sowie Strom. Anfangs kam es zu einem häufigen Wechsel der Maschinisten. Die Gründe reichten von Unfähigkeit bis zum Mordversuch am Betriebsleiter. Herr Felber berichtete über den Prozess, bei dem herauskam, dass der Betriebsleiter den Angeklagten über einen längeren Zeitraum ausgiebig und schwer gereizt hat, so dass er nur drei Monate Haft bekam.
Ab 1916 ging die Produktion von Strom mittels Dieselmotoren mangels Treibstoff zurück, die Amperwerke lieferten immer mehr Strom. Die Steigerung der Stromkosten durch die Inflation führte zu Problemen, die Werke machten Verluste. Die Stadt Aichach beschloss das Elektrowerk zu schließen, auch weil umfangreiche Investitionen nötig waren. Die Amperwerke übernahmen die Stromlieferung, die Stadt erhielt günstig Strom, das Personal musste übernommen werden. Die Überlassung des Werkes erfolgte ohne Haftung für schadhafte Teile der Anlage und der Leitungen. Die schlechten Leitungen führten zu Problemen bei der Stromversorgung und alle Leitungen mussten erneuert werden.
Das Ende des Elektrowerkes wurde mit dem Bruch einer Kurbelwelle eingeläutet, die Reparatur war nicht rentabel. Die Dieselmotoren waren außer Betrieb, als Altmetall verkauft und mit der Versicherungssumme wurden neue Leitungen von den Amperwerken aus verlegt und das Werk in Aichach umgebaut. Der Netzumbau in Drehstrom erfolgte von 1926-1951 (mit Unterbrechung im 2. Weltkrieg).
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