Das verblassende Erbe. Problematik und Verfahren digitaler und neue Wege analoger Langzeitarchivierung
Herr Dr. Lupprian ist Leiter des Referats Informationstechnik bei der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns. Dankenswerterweise hat er sich der Mühe unterzogen, seinen Vortrag auf die Belange der Familienforscher auszurichten.
Auf dem PC eines Familienforschers finden sich i.a. Texte, Datenbanken, Bilder, aber auch (Vektor-) Grafiken, Ton- und Videoaufnahmen. Aufgrund begrenzter Haltbarkeit von Datenträgern bestehen kurzfristige Risiken: Festplatten können jederzeit versagen! Dagegen hilft nur regelmäßige, gewissenhafte Datensicherung in Form von Sicherheitskopien auf einem externen Medium wie zweite oder externe Festplatte, Diskette (Daten in komprimierter Form) oder CD-R, am besten aber auf (hochwertigem) Magnetband. Abzuraten ist von der Verwendung von CD-RW und DVD.
Probleme der langfristigen Archivierung ergeben sich aus der sehr schnellen Entwicklung der Computertechnik in Hardware (Verfügbarkeit entsprechender Laufwerke) und Software (veränderte und neue Datenformate), aber auch durch die begrenzte Haltbarkeit digitaler Medien wie CD-ROM: Selbstgebrannte CDs haben keine Schutzschicht und sind daher empfindlich gegen Kratzer und Schmutz, durch Pilzbefall kann sich die Datenschicht ablösen.
Als zumindest mittelfristige Lösungen wird empfohlen, die Daten auf offengelegte, freie Datenformate zu konvertieren. Solche sind:
- Für Text: ASCII bzw. ISO Latin-1 (Textformatierung geht verloren!) und XML (Dokumentenstruktur lässt sich getrennt als DTD aufbewahren), die zukunftsträchtige Lösung.
- Für Datenbanken: Ebenfalls XML mit DTD (Anm.: Der neue GEDCOM-Standard 6 für Genealogiedatenbanken folgt bereits diesem Prinzip).
- Für Bilder: TIFF (führt zu großen Dateien) bzw. JPEG2000 (verlustfreie Komprimierung, noch nicht verbreitet)
- Für Vektor-Grafiken: SVG (Skalierbare Vektor-Grafik, lesbarer Text, abgeleitet von XML)
- Für alle drei Datentypen zusammen: PDF/A (Archivierungsversion von PDF, Untermenge von PDF, ab ca. 2005 verfügbar, per Acrobat Reader lesbar)
- Für Audio- und Videodateien: Noch keine stabile Lösung in Sicht.
Als langfristige Lösungen bieten sich nicht nur digitale, sondern auch analoge Methoden an. In der digitalen Welt empfehlen sich Migration (die Daten müssen rechtzeitig auf neue Medien und Formate umgesetzt werden, Datenverluste sind nicht auszuschließen) und, nur eingeschränkt, Emulation (die Originalformate bleiben erhalten, die alten Programme laufen in neuer Umgebung; risikobehaftet und hilft nicht bei nicht mehr verfügbaren Laufwerken).
So bleibt als Lösung die analoge Langzeitkonservierung:
- Alles auf hochwertigem Papier ausdrucken, Texte in computerlesbarer Form (OCR-Progamme wird es immer geben). Es ergibt sich ein Mengen- und Auswerteproblem. Auch wird säurefreies Papier durch Umwelteinflüsse angegriffen.
Eher für Archive geeignet:
- Ausgabe der Daten als Bilder auf Mikrofilm, einem sehr stabilen Medium. Für Texte, Datenbanken (XML), stehende Bilder und Grafiken (SVG).
- Anstatt Mikrofilm Verwendung hochstabiler Träger aus speziellen Metalllegierungen bei extremer Verkleinerung der Bilder (so kann man 30 000 A4-Seiten auf einer Fläche von 50 x 50 mm speichern = 12 Seiten pro Quadratmillimeter).
Welchen Weg man auch wählt: Langzeitarchivierung kostet (viel) Geld.
Empfehlenswerte Lektüre:
Uwe M. Borghoff - Peter Röding - Jan Scheffczyk - Lothar Schmitz, Langzeitarchivierung. dpunkt-Verlag, Heidelberg 2003.
(Werner Bub)
- 2980 Aufrufe