Wie ich die Geschichte meiner altbaierischen Vorfahren gefunden habe
Herr Schäfer berichtet am Beispiel zweier seiner Vorfahrenlinien, die im Berchtesgadener Land und im Ruhpoldinger Tal gelebt haben, wie er deren frühe Geschichte aufgeklärt hat.
Berchtesgaden war vor der Säkularisation eine gefürstete Propstei der Augustinerchorherren, die weltlich nur dem Kaiser und kirchlich nur dem Papst unterstand. Im Jahre 1377 bot das Chorherrenstift seinen Bauern den Erwerb des Erbrechts an ihren Höfen an, wovon die meisten Gebrauch machten. Diese Erbrechtsstiftsbriefe sind erhalten, ebenso Urbare zurück bis 1496 und alljährliche Stiftsregister zurück bis 1454. Dank der ausgezeichneten Sammlung Franz Kleindienst, die leider archivarisch noch nicht ausgewertet wurde, gelang es, Vorfahren-Familien bis zu den Erbrechtsstiftsbriefen zu verfolgen. Im Urbar von 1496 steht sogar, wie sich die einzelnen Bauern militärisch auszurüsten hatten (z.B. "Vordertail, Arm(bru)st, Hanntschuetz, Eysenheubl") und dass sie alljährlich 5 Tage an der Grenze Dienst zu leisten hatten.
Das Ruhpoldinger Tal dagegen war schon seit 1275 ein Bestandteil des Herzogtums, ab 1623 Kurfürstentum Bayern. Als Folge der Besiedlungsgeschichte lag das Obereigentum der Höfe bei einer größeren Zahl von Grundherren. Da für das Pfleggericht Traunstein vor 1702 keine und für die Zeit danach nur wenige Familienverträge überliefert sind, musste für die Forschung auf die Steuerbücher des Landesherren und auf die Urbarien, Salbücher und Anlaitlibellen der Grundherren zurückgegriffen werden. Das Steuerbuch von 1671 zeichnet ein gutes Bild von den Höfen und ihren Besitzern.
Ausgehend von einem Ruhpoldinger Ahnen, der im 17. Jahrhundert Trift- und Klausmeister der Saline Traunstein war, gab Herr Schäfer einen Abriss der für Kurbayern hoch ertragreichen Salzproduktion mit seinem damit eng verbundenen Wald-, Trift- und Klauswesen und dessen Bedeutung für die Bevölkerung im Gebirge. Zum Abschluss erläuterte er das überlieferte Wanderbuch eines seiner Ururgroßväter, der zwischen 1820 und 1826 als Färbergeselle in ganz Süddeutschland, in den deutschsprachigen Teilen von Österreich, Böhmen, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Südtirol und der Schweiz gewandert ist.
Die Zuhörer, Herr Schäfer hatte bewusst auf eine mediale Unterstützung verzichtet, dankten ihm für den engagiert vorgetragenen Bericht mit verdientem Applaus und erhielten in der anschließenden Diskussion weitere wertvolle Hinweise für die Familienforschung in den genannten Gebieten.
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