Einwanderung aus dem Großwalsertal im und nach dem 30jährigen Krieg, dokumentiert anhand meiner Engstler-Vorfahren
Frau Ottner erforscht seit vielen Jahren ihre Vorfahren, die sie ins Großwalsertal führten. Zuerst ging sie auf die Namensverteilung Engstler ein, deren Schwerpunkt eindeutig im Süden liegt. 1440 taucht der Name Engstler bereits bei den Walsern auf. Auf die üblichen Probleme in der Familienforschung, uneheliches Kind ohne Angabe des Vaters, lückenhafte oder fehlende Kirchenbücher, stieß sie auch. Bei einem toten Punkt war die Lösung ein Vertrag zwischen Ihrer Ahnin und deren Stiefvater über den Nachlass der leiblichen Mutter, deren Erbin sie war. In Kaufverträgen genannte Orte brachten sie immer wieder weiter, wo Kirchenbücher unvollständig waren.
Generation für Generation erläuterte sie die Familie bis zurück zum 30jährigen Krieg, einem kritischen Punkt, da hier meist die Kirchenbücher lückenhaft sind und man andere Quellen durchsuchen muss. 1644 kauft Hans Engstler/Ängstler für 80 Gulden ein Gut und verpflichtet sich, dass er oder sein Bruder das Haus innerhalb von drei Jahren zu bauen. Aufgrund der schlechten Zeiten wurde diese Frist immer wieder verlängert. Einige Originale stellte sie vor. Eine wertvolle Quelle sind die Allgäuer Geschlechterbücher (Bibliothek Augsburg) z.B. die Huldigungslisten. Das Problem war u. a. dass in Raggal eine Familie Engstler war, aber der Nachweis fehlte, dass es die gleiche Familie aus Schochen war, zudem unterschiedliche Herrschaften.
In den Amtsbriefen fand sie einen Brief, dass sich Nikolas Engstler von Raggal in Schochen niedergelassen hat. Der Name Engstler ist der dritthäufigste Name in Ludescherberg (in der Nähe von Raggal). Die Walser kamen aus dem Berner Oberland und Oberwallis, breiteten sich zuerst nach Süden aus, dann über Lichtenstein ins Vorarlberger Gebiet und weiter ins Walsertal. Die Walser besiedelten die Hochtäler und Hochlagen. Diese Lagen waren zum Einen nicht besiedelt und es waren „Wachposten“ wegen der guten Aussicht. Anfangs gab es fünf Walsergebiete, später 19 Walsertäler, z.B. Kleinwalsertal, Warth usw. bis Galtür.
Als nächstes betrachtete sie die Abwanderungsgründe. Neben den Wirtschaftsgründen (Realtteilung führte zu immer kleineren Höfen, oder nur einer erbte und die anderen Kinder mussten den Hof verlassen) zwang die kleine Eiszeit (1570 – 1630 sehr kalt, daher konnten die höheren Lagen nicht mehr bewirtschaftet werden) die Menschen zur Abwanderung. Eine Anwerbung der Herrschaft zur Besiedelung der Hochlagen war auch ein „Siedlungsgrund“. Anhand von Bildern von Ludescherberg (1400 m hoch) und Ragall gewann man einen Eindruck von den Lebensumständen in Hochlagen. Eine Karte der alten Herrschaftsgebiete Vorarlberg zeigte die Grenzen der früheren Siedlungsgebiete. Durch die Pest 1632 und die Hungersnot 1634 gab es viele öde Plätze. In einem Bericht im Gültbuch ab 1632 Fugger Rettenbach über eine Mäuseplage ist auch die Sprache davon, dass 1634 Mäuse, Hunde, Katzen und Ratten gegessen wurden – so noch welche gefunden wurden. Die Lage war verheerend. Häuser waren niedergebrannt, Saatgut fehlte und es fehlten die Menschen für die Bewirtschaftung der Felder.
Es stellte sich der Referentin die Frage, warum kamen ihre Ahnen nach Schochen. Das Gebiet war eine Hochlage, die von Walsern bevorzugt wurden und Wiederaufbauer erhielten das Land günstig zum Kauf. Sie erläuterte die Walseransiedlungen entlang der Günz oberhalb der 800 m-Grenze. Um Waltenhofen, Sulzberg und Martinszell entstand eine größere Ansiedlung von Walsern. Allgemein zogen viele Bewohner des Südens ins Allgäu (aus Österreich, Südtirol und der Schweiz). Danach ging sie auf die Familien Engstler, Prestele, Riezler, Berchtold, Jagg und Burtscher ein, wo sie sich niedergelassen haben und wie die familiären Verknüpfungen zustande kamen.
Zuletzt gab sie einen Überblick über die benutzten Quellen: Kirchenbücher, Kaufverträge, Briefprotokolle und die Probleme mit den Herrschaften. Ausblick - fertig ist man nie. Ein Ausdruck des Vortrages kann in der Bibliothek eingesehen werden.
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