Augsburg: Flüchtlinge aus Schwaben im 30-jährigen Krieg in oberösterreichischen Matrikeln
Frau Ottner stellte den Referenten, den sie seit 30 Jahren kennt, vor. Herr Holzhauser war Musiker (Trompete), Komponist und dirigierte auch. Er ist aus Bobingen und bekam vor vielen Jahren alte Noten geschenkt, damit begann er mit musikhistorischen Forschungen. Ihn fasziniert die Entwicklung der Schrift über die Jahrhunderte.
Bei Forschungen in den Bobinger Amtsprotokollen fand er einen Kirchenstuhlverkauf, ein Bartl Fries zog nach Österreich und verkaufte seinen Kirchenstuhl. Das Thema interessierte ihn. Bobingen hatte 1626 1600 Seelen und 1200 Kommunikanten und nur zehn Jahre später waren es nur noch 60 Erwachsene. In den Heimatgerechtigkeits-Unterlagen stieß er auf einen Eintrag, dass ein Mann wegen der großen Teuerung 1628 mit seiner Familie nach Österreich ziehen möchte. Grund vermutlich die Kipper- und Wipperzeit, die größte Inflation, bei der aus guten Münzen schlechte geprägt wurden. Auch in den Strafunterlagen gab es Hinweise. 1643 gab es eine Verhandlung, ein Bigamist aus Hiltenfingen, der in Hiltenfingen Weib und Kinder hatte, aber in Österreich geheiratet hatte, wurde dafür hingerichtet.
Er verlas einen Bericht über die Reise nach Wien, ab München mit dem Floß. Auf dieser Reise starb ein Ehepaar (kinderlos, haben aber eine Nichte und einen Neffen aufgezogen). Dieser Bericht stammte aus der Erbschaftsregelung; diese war nötig, weil kein Testament vorhanden war. Die Reiseteilnehmer wurden befragt. Die Frage war immer wieder: warum Niederösterreich? Hintergrund war erstens eine Verbindung durch einen Domherrn, der aus Bobingen kam und in Olmütz lebte. Ein weiterer, Niederösterreich hatte viel Agrarland, Bevölkerungslücken durch Seuchen usw., wichtig auch: kein Krieg wie in Schwaben. Häufig genannt wurde Großrußbach als Reiseziel.
Nicht nur aus Schwaben, auch aus Schlesien, Nürnberg, Ansbach, Kurpfalz, Württemberg zogen die Menschen nach Niederösterreich. Bei seinen Forschungen stellte er fest, es gibt keine Untersuchungen über die Auswanderungen im 17. Jahrhundert. Er begann, in Wien die Trauungen zu durchsuchen, pro Jahr gab es ca. 500 Hochzeiten in Wien. Im Zeitraum von 1628 bis 1650 wurden insgesamt in Wien über 700 Schwaben gefunden, die dort geheiratet haben. Weitere niederösterreichische Pfarreien durchsuchte er in der Folge.
Auf einer Karte zeigte er die Orte, an denen sich die Flüchtlinge niederließen. Wien, Wiener Neustadt, Tulln, Krems, Ybbs, St. Pölten usw.; größere Pfarreien waren auf Flüchtlinge eingestellt, indem für die Registrierung Franken, Schwaben, Pfälzer, Schweizer, Schlesier usw. angestellt wurden, da für die Dokumentation die richtigen Namen und Orte wichtig waren (die Menschen sprachen Dialekt). Auffällig ist der Ort Gars mit über 70 Heiraten – warum?
Die Wasser-Verkehrswege bedeuteten sehr viel, es ging in der Regel schneller. Außer der Donau waren die Nebenflüsse der Donau, Iller, Lech Isar und Inn von Bedeutung. In Augsburg kamen ca. 3500 Flöße pro Jahr an, nicht nur der Handel, sondern auch Personenbeförderung funktionierte über die Wasserstraßen. Für 500 km von Schwaben nach Wien, brauchte man alleine für die Floßfahrt München - Wien ca. eine Woche, je nach Wasserstand und Wetter auch deutlich länger.
In einer Statistik wurde die Anzahl der Hochzeiten/Jahr mit dem Höchststand 1636 gezeigt.
Das nächste Thema waren die Zuwanderung nach Schwaben aus Bayern, Tirol, Württemberg und Österreich nach dem 30-jährigen Krieg.
Seine Ergebnisse gab er an die zuständigen Archive, die gefundenen „Rieser“ an Gerhard Beck, weiter. Die Resonanz der Archive war nicht groß. Gerne würde er Kontakt mit Forschern aus Niederösterreich haben, die Archive vor Ort durchsuchen können. Frau Scheller kennt einige Forscher aus dem Bereich und wird einen Kontakt vermitteln.
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