Mehr als Matrikeln - Personengeschichtliche Quellen im Diözesanarchiv
In kirchlichen Archiven gibt es für Familienforscher neben den Pfarrmatrikeln noch andere Quellengattungen, die zwar nicht so seriell und flächendeckend wie diese sind, jedoch Vertiefungen und Perspektiven bieten können, die von den Matrikeln so nicht zu erwarten sind.
Protokolle und Akten des bischöflichen Ehegerichts
Vor dem kirchlichen Gericht, dem Offizialat oder Konsistorium, wurden die Streitfälle rund um die Ehe ausgetragen wie Ehezuerkennungen, Annullierungen usw. Vom Freisinger Offizialat sind Protokolle von ca. 9000 Prozessen zwischen 1462 und 1526 erhalten. Neben Angaben zu Personen aller Stände liefern sie meistens über die Streitsache detaillierte Beschreibungen, oft unter Beigabe originaler Dokumente. Die Akten zu den Ehegerichtsprozessen der Frühen Neuzeit sind allerdings nur für die Pfarreien erhalten, die früher zum Erzbistum Salzburg gehörten. In anderen Diözesen dürfte die Überlieferungslage günstiger sein.
Mirakelbücher
Die Geschichten der Gebetserhörungen wurden in den sog. Mirakelbüchern aufgezeichnet, die aus vielen Wallfahrtsorten erhalten sind. Sie geben neben Anliegen, Verlöbnis, Votivgaben, Zeugen und Datierung regelmäßig den Namen, Stand und Herkunftsort des Votanten an.
Sittlichkeits-Akten
Diese Akten wurden nach einem erzbischöflichen Beschluss von 1824 beim Ordinariat über ledige Frauen mit mehrfachen unehelichen Geburten angelegt (Zeitraum ca. 1830 bis nach 1890). Sie enthalten Daten zu den Müttern, Vätern (soweit bekannt) und Kindern sowie die Niederschrift über die Vorladung und Verwarnung der Frauen durch den Pfarrer.
Personalakten von Geistlichen und Seminaristen
Das Archiv des Erzbistums verwahrt die Archivbestände der diözesanen Studienanstalten von Traunstein und Freising, die zu einem großen Teil aus personenbezogene Unterlagen von Seminaristen bestehen. Zusätzlich sind mehr als 10.000 Personalakten von Priestern vorhanden.
Patientenakten
Die Krankenakten von kirchlichen Behinderteneinrichtungen (hier das Archiv des Franziskuswerks Schönbrunn bei Dachau) können evtl. über das Schicksal eines Familienangehörigen in der Zeit des NS-Regimes Auskunft geben, wenn er in einer solchen Einrichtung gepflegt worden war. Dabei sind für die Nutzung dieser Akten wie bei den Priesterakten die geltenden Schutzfristen zu beachten.
Nationalsozialistische Verfolgung katholischer Laien
1946 versandten alle bayerischen Ordinariate an den gesamten Klerus Fragebögen, in denen es u.a. um die Verfolgung katholischer Laien während des Nationalsozialismus ging. Die beantworteten Fragebögen sind nach Dekanaten und Seelsorgestellen geordnet. Zusätzlich gibt es ein alphabetisches Register der betroffenen Personen
(Der ausführliche Artikel von Herrn Dr. Götz zum Thema des Vortrags wurde im Forum Heimatforschung, Ziele-Wege-Ergebnisse, 2013, Heft 16, Seite 90-104, veröffentlicht.)
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